23. November 1966
(Nach der Lektüre einer Passage aus dem Dialog mit dem Tod:)
Ja, aber wir brauchen seine Freude. Das hat man mir alles heute morgen gesagt. Genau dies - mit anderen Worten, aber genau dasselbe. Und nicht "gesagt": mich erleben lassen, als ob man mir die Sache präsentierte, damit ich sie spüre. Ich sagte: "Warum nur, warum diese Prüfung? Was soll das?" Mein Körper selber sagte: "Was soll das?" Da hat es aufgehört. Ich sagte: "Warum nur? Was soll das alles?" Ich widersprach nicht, diskutierte nicht, nur: "Was soll das?" (Mutter macht eine Handbewegung, als wischte sie ein Staubkorn fort) Weißt du, es ist eine Art intensive Disziplin im Galopp, in der jede Minute zählt, und die dem Bewusstsein dieses Körpers auferlegt wird. Aber er hält sich gut, das kann ich nicht bestreiten. [[Am Vortag des Darschans wurde Mutter von einer Flut von Besuchern und Briefen bedrängt]] Wir werden sehen, wie er durchhält. Das ist genau der Punkt! Nun, dieser Herr [der Tod] würde sagen: "Siehst du, wie viel Mitleid man dir entgegenbringt!" Ich aber erwiderte: "Ich brauche kein Mitleid... (Lachend) Das ist es nicht, was ich will. Ich will den Sieg." Sehr interessant. Ach, wenn du wüsstest, wie viele Leute da sind!... Und immer kommen sie in letzter Minute und sagen: "Ich bin soeben angekommen, ich möchte Sie sehen." Also sage ich: "Gut." Wir werden den Tag strecken. (Mutter lacht) Ach, auf Wiedersehen, Kinder, seid schön ruhig bei euch zuhause. Ganz gelassen. Es genügt, wenn einer da ist, der "sich plagt". So hätte ich das gern; es tut mir leid, dass manche Menschen krank sein müssen. [[Mehrere Mutter nahestehende Schüler sind krank, insbesondere ihr Privatassistent.]] Warum wohl?... Ach, ich weiß schon, warum, aber... schade. Die Gnade lernt ihre Lektion. Sie lernt, dass sie noch nicht ist, was sie sein sollte... Verstehst du, es gibt immer zwei Seiten, die Dinge zu sehen. Man kann sagen: "Die Welt ist nicht bereit" und dies mit einem Lächeln abtun. Das ist eine... (wie soll ich sagen?) man könnte es eine egoistische Art nennen. Die andere Art ist zu sagen: "Ich bin noch nicht fähig. Wäre ich wirklich fähig, so wäre all dies nicht notwendig (die Krankheiten, Katastrophen usw.), alles geschähe in einem harmonischen Rhythmus." Man könnte sehr wohl sagen: "Das Göttliche lernt seine Lektion." (Lachend) Es muss alles lernen! Wenn es seine Lektion gut beherrscht, wird die Welt sein, wie sie sein soll - voilà. Warum nicht? Man könnte es auch so sagen: das eine ist so wahr wie das andere.
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ISBN 3-920083-07-2
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